(mt) In den letzten Monaten hat sich das Bild der deutschen Wirtschaft verändert: Die Zahl der Regelinsolvenzen ist deutlich gestiegen (Anstieg in 8/2024 um 10,7 % gegenüber 8/2023). Dies passt zu einem beunruhigenden Trend: Seit Juni 2023 liegen die Zuwachsraten monatlich im zweistelligen Bereich, mit Ausnahme des Monats Juni 2024 (+6,3 %). Doch was verbirgt sich wirklich hinter diesen Zahlen? Ist eine Pleitewelle ausgebrochen oder handelt es sich nur um unglückliche Einzelfälle?
Während der COVID-19-Pandemie hatten die wirtschaftlichen Hilfsprogramme einen starken Einfluss auf die Insolvenzstatistik. Durch die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht und die gewährten Hilfszahlungen wurden viele Unternehmensinsolvenzen verzögert. Nun, da diese Unterstützungen weitgehend ausgelaufen sind, holen die Insolvenzen auf, die eigentlich schon früher hätten eintreten sollen. Die Zahlen sind dabei zwar gestiegen, liegen aber immer noch deutlich unter dem Niveau der Finanzkrise. Die Situation muss daher differenziert betrachtet werden. Es handelt sich aktuell um eine Phase, in der sich Unternehmen den Nachwirkungen der Pandemie, der Energiekrise, strukturellen Herausforderungen und der schwachen Konjunkturlage stellen müssen.
Eine Entspannung ist vorerst nicht in Sicht. Die weiterhin schwache Konjunkturlage birgt Risiken auch für Unternehmen, die bisher der Krise getrotzt haben. Aktuell zeichnet sich ein Umsatzrückgang in der Automobilwirtschaft ab. Auch das Bauhaupt- und Baunebengewerbe befindet sich seit längerer Zeit unter enormen Druck.
Besonders größere Unternehmen nutzen jedoch zunehmend die Möglichkeit, sich mithilfe des StaRUG zu sanieren und so eine Insolvenz zu vermeiden. Das StaRUG ermöglicht einem Unternehmen selbst zu bestimmen, mit welchen seiner Gläubiger und in welchem Umfang es sich restrukturieren möchte – und das im Wesentlichen nicht öffentlich und ohne Insolvenz. Eine Sanierung mit Hilfe des StaRUG ist jedoch nicht für alle Sanierungsfälle geeignet. Die maßgebliche Voraussetzung für eine solche außergerichtliche Restrukturierung ist, dass ein Unternehmen noch nicht zahlungsunfähig oder überschuldet ist und ein Restrukturierungskonzept vorliegt.
Wenn sich eine Unternehmenskrise abzeichnet und ein StaRUG-Verfahren nicht in Betracht kommt, kann jedoch geprüft werden, ob eine Sanierung durch ein Eigenverwaltungs- oder Schutzschirmverfahren möglich ist. Bei diesen Sanierungsverfahren bleibt die Geschäftsleitung verfügungsberechtigt. Die Geschäftsleitung setzt also die Sanierung in eigener Regie um. Von Seiten des Gerichts wird dem Unternehmen ein sogenannter Sachwalter an die Seite gestellt. Er achtet darauf, dass die Interessen der Gläubiger gewahrt und die Regelungen der Insolvenzordnung eingehalten werden.
In jedem Fall sollten betroffene Unternehmen frühzeitig handeln und externe Hilfe in Anspruch nehmen, um die Chancen auf eine erfolgreiche Sanierung zu maximieren.
Ihre Maike Tallen