Kindertagesstätte erinnert an eine Müllerfamilie

(mk) Viele besondere Emsländer leben in unser-er Region - und jeder hat seine Erlebnisse, die es lohnt, sie weiterzuerzählen. Angeregt durch die Bücher „Emsländer“, „...noch mehr Emsländer!“ und „Wir Emsländer!“ werde ich hin und wieder gefragt, ob ich an weiteren Geschichten interessiert bin.

Da ich aber an anderen ebenso spannenden Buch-Projekten arbeite, möchte ich stattdessen hier Erinnerungen wiedergeben, die Christel Fischer mir zukommen ließ - aufgeschrieben von ihrem Vater (siehe Foto) Johann Trütken aus Kluse: „Im Emsland prägten Mühlen früher das Ortsbild vieler Dörfer. So war es auch in der kleinen Gemeinde Ahlen im Altkreis Aschendorf-Hümmling. Im Jahr 1841 kaufte der Müller Joannes Trütgen (heutige Schreibweise Trütken) die im Ortskern stehende Bockwindmühle. Diese imposante Mühle hatte sogar den 30-jährigen Krieg (1618-1648) fast schadlos überstanden. Joannes Trütgen stammte aus einer traditionsreichen Müllerfamilie, von der bereits 1732 in Aschendorf eine Mühle betrieben wurde. In unmittelbarer Nähe der alten Bockwindmühle wurde im Jahr 1883 – ebenfalls im Ortskern von Ahlen - eine zweite Mühle gebaut. Hierbei handelte es sich um eine damals moderne niederländische Kappenwindmühle. Gebaut wurde sie von der Genossenschafts-Kornwindmühle Ahlen.

Im Jahr 1918 kam der Müllerssohn Heinrich Trütken, Enkel des Joannes, aus dem 1. Weltkrieg nach Hause. Zunächst pachtete, später kaufte er die niederländische Kappenwindmühle zur Sicherung des Lebensunterhaltes im Jahr 1922 von der Genossenschaft. Die alte Bockwindmühle war zwischenzeitlich bereits von der Familie verkauft worden. Die Mühlentradition in Ahlen endete 1935/36 auf tragische Art und Weise. Beide Mühlen wurden innerhalb eines Jahres durch Blitzeinschläge und daraus resultierende Brände zerstört und später abgerissen.

Als Sohn des Heinrich Trütken wurde ich im Jahr 1928 geboren und verbrachte meine ersten Lebensjahre im Wohnhaus neben unserer niederländischen Kappenwindmühle. Noch heute habe ich im Alter von inzwischen 95 Jahren die Bilder der Ahlener Mühlen vor meinen Augen. Gerne hätte ich die Familientradition fortgeführt. Leider kam es nicht wieder zum Aufbau der Mühlen und mit den Blitzeinschlägen endete die lange Tradition der Mühlen in unserer Familie und dem Dorf Ahlen. Das alles wurde mir 1996 noch einmal durch einen überraschenden Fund in Erinnerung gerufen. Die Überreste der 1883 erbauten Kappenwindmühle waren zur Wegbefestigung im Bereich meines heutigen Wohnhauses verwendet worden. Beim Ausbau dieser Straße fand mein Enkel im Steinschutt einen historischen Schlüssel. Dieser Schlüssel gehörte eindeutig zum damaligen Haupttor unserer Mühle und hat bei mir heute im Wohnzimmer einen Ehrenplatz an der Wand. Am ehemaligen Standort unserer niederländischen Kappenwindmühle befindet sich jetzt der 2021 erbaute Kindergarten. Der Tradition angepasst trägt die Kindertagesstätte den Namen ‚Mühlenhof‘.“ (Seit 1960 steht in Meppen die 1639 im friesischen Bockhorn erbaute Höltingmühle, übrigens ein Geschenk an unsere Stadt zum 600. Geburtstag).