KOSMOS-Experimentierkasten aus den 1930er Jahren

Museen sind Schatzkammern: sie sammeln und bewahren Gegenstände aus vergangenen Zeiten, erforschen deren Geschichte(n) und bringen sie zum Sprechen. Dabei sind es nicht selten die auf den ersten Blick unscheinbaren Dinge, die Spannendes zur lokalen Historie zu berichten haben. In der Reihe „Objekt des Monats“ werden im Stadtmagazin DER MEPPENER regelmäßig herausragende Exponate und Sammlungsstücke aus dem Bestand des Stadtmuseums vorgestellt.

(bs) Sowohl in der Schule als auch für das „Selbststudium“ im heimischen Kinderzimmer waren seit den 1920er Jahren sog. „Experimentierkästen“ beliebt. Sie beschränkten sich meist auf ein Themengebiet und enthielten Apparate, Lehrmaterial und Lernutensilien sowie Anleitungen, gepackt in einem Kasten oder in einem Deckelkarton, mit denen sich über Experimente Wissen zu technischen Zusammenhängen erwerben ließ. Die meisten Experimentierkästen boten Einführungen in die Disziplinen Chemie, Mechanik, Optik, Elektrotechnik oder Elektronik.

Hauptzielgruppen waren in der Regel Kinder und Jugendliche von 6 bis 18 Jahren. Die Kästen waren für die verschiedenen Altersgruppen mit entsprechenden Schwierigkeitsgraden abgestuft. Das von den Herstellern als „pädagogisch wertvolles“ Spielzeug beworbene Produkt versprach einen vertieften Einblick in die entsprechenden Fachbereiche. Allerdings blieb es, gerade beim Solo-Experimentieren, oft beim bloßen Spiel und einer vagen Annäherung an die Thematik. Experimentierkästen, die für den Einsatz an Schulen konzipiert wurden, führten hingegen ernsthaft in die jeweilige wissenschaftliche Disziplin ein. Bei den Lern- und Spieleinheiten ging es eindeutig nicht nur um einen spannenden Zeitvertreib, sondern um eine Heranführung der – meist männlichen – Jugendlichen an natur- und ingenieurwissenschaftliche Themen. Insofern „warben“ die Kästen auch für die entsprechenden Berufszweige. Überhaupt waren und sind die Themengebiete solcher Kästen stets Moden und Trends unterworfen gewesen: Neben den Klassikern wie Chemie, Elektronik und Physik gab es in den 1950er Jahren auch Kästen zum Thema Atomenergie und Radioaktivität, später kamen Themen wie Windenergie, Solar- und Digitaltechnik hinzu.

Die bereits 1822 in Stuttgart gegründete „Franckh’sche Verlagsbuchhandlung“ schuf 1922 mit ihrer Lehrmittelabteilung „KOSMOS Gesellschaft für Naturfreunde“ die sog. „Kosmos-Experimentierkästen“, die es zu den Themen Elektrotechnik, Chemie und Physik gab. Unter den Markennamen „Technikus“, „Optikus“ und „Luftikus“ wurden Kästen zu den physikalischen Einzeldisziplinen Mechanik, Optik und Pneumatik angeboten, die sich in den 1930er Jahren zu echten Verkaufsschlagern entwickelten. Der Wert und die Beliebtheit eines Experimentierkastens ergaben sich aus der Zusammenstellung der Einzelelemente, mit denen möglichst viele und idealerweise auch eigene Experimente ermöglicht werden sollten. Zudem waren Qualität, Umfang und Verständlichkeit der Anleitung, die den Aufbau der Experimente beschrieb, ausschlaggebend.

Mit einem KOSMOS-Experimentierkasten ließen sich „160 lehrreiche Versuche zu den Grundlagen der Technik“ unternehmen. Die Teile für die Experimente waren aus robusten Materialien wie Metall, Holz, Kork, Leder und Keramik gefertigt, die im Kasten in einzelnen Fächern, als Sets sortiert, verwahrt wurden. Erkennbar wurde bei der Konzeption also das Augenmerk auf das „Handling“ gelegt: die Dinge sollten rasch und intuitiv, auch von fahriger oder ungestümer Hand, herausgenommen, benutzt und wieder hineingelegt werden können. Bei der Wahl der Materialien hatte man Wert auf Dauerhaftigkeit und Langlebigkeit gelegt.

Gegenstand des heutigen Serienteils ist ein KOSMOS-Experimentierkasten „Der Luftikus“ aus den 1930er Jahren, der seinen Weg aus Privatbesitz in die Sammlung des Heimatvereins Meppen gefunden hat und heute im Schaumagazin in der ehemaligen Arenbergischen Rentei verwahrt wird. Auffällig ist der ausgiebige Gebrauch der Sütterlin-Schrift auf der bedruckten Oberseite, mit der der Inhalt des Kastens beschrieben wird. Zusammen mit dem namengebenden „Luftikus“ ergibt sich hier der Reim: „Der Luftikus Maschinen schafft – für Wasser-, Luft- und Dampf-eskraft“. Das bildlich dargestellte Experiment zeigt ein roboterartiges Männchen, das grinsend ein mit Wasserdampf in Bewegung gesetztes Fahrzeug steuert. Hierin wird deutlich, dass dieser Experimentierkasten wohl für jüngere Kinder zusammengestellt wurde. Es waren wohl – neben der beschriebenen Qualität, der Vielfalt und der Robustheit – auch solche launigen Bilder und Verse, die die KOSMOS-Experimentierkästen in dieser Zeit bei Kindern und Jugendlichen so beliebt machten. Der KOSMOS-Verlag ist auch heute noch tätig und begeistert mit innovativen Spiel- und Lernmedien. Unter anderem erscheint dort seit 1968 die beliebte Jugendbuch- und Hörspielreihe „Die drei Fragezeichen“.