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Flachshechel mit Jahreszahl 1861

Museen sind Schatzkammern: sie sammeln und bewahren Gegenstände aus vergangenen Zeiten, erforschen deren Geschichte(n) und bringen sie zum Sprechen. Dabei sind es nicht selten die auf den ersten Blick unscheinbaren Dinge, die Spannendes zur lokalen Historie zu berichten haben. In der Reihe „Objekt des Monats“ werden im Stadtmagazin DER MEPPENER regelmäßig herausragende Exponate und Sammlungsstücke aus dem Bestand des Stadtmuseums vorgestellt.

(bs) Der Gemeine Lein gehört zu den ältesten Nutzpflanzen überhaupt. Seine sprichwörtliche Verarbeitung „vom Flachs zum Leinen“ gehörte in alter Zeit im ländlichen Raum zu den üblichen und verbreiteten heimgewerblichen Verrichtungen. Beim Öllein gewann man aus den Kapseln bzw. den Samen das Leinöl; der Faserlein lieferte mit seinen Stängeln den Grundstoff für die Flachs-, die Garn- und schließlich die Leinwandbereitung. An einigen Orten gediehen die Leinenherstellung und der Handel zu einem wichtigen Wirtschaftszweig oder entwickelten sich gar zu einer Industrie. Auch in Meppen gab es im ausgehenden 18. Jahrhundert Ansätze zum Aufbau einer gewerblichen Leinenwirtschaft. Der Unternehmer Nikolaus Heinrich Anton Poll bemühte sich 1781 darum, bei der Herrenmühle „eine reelle Leinwandbleiche und womöglich eine Weberey“ anzulegen. Dieser Plan und auch das 1785 vorgebrachte landesherrliche Vorhaben, in Meppen eine Leinen-Legge einzurichten, scheiterten jedoch. Die spätestens seit 1713 südlich der Emsbrücke gelegene Bleiche, auf die noch die Straßenbezeichnung „An der Bleiche“ verweist, ist aber ein Beleg dafür, dass auch in Meppen das textile Heimgewerbe zumindest in einem gewissen Rahmen ausgeübt wurde.

Für die Herstellung von Garn bzw. Leinwand aus der Leinpflanze benötigte man nur die Fasern aus dem Pflanzenstängel und nicht die Kapsel mit den Samen. Nach der Ernte der reifen Pflanzen wurden daher mit der Riffel bzw. der Riepe die Samenkapseln entfernt. Aus ihnen gewann man Öl bzw. Ölkuchen für die Viehfütterung. Nach dem Riffeln mussten die gebündelten Stängel in Wasser eingelegt werden, damit sich die Fasern lösten. Diesen Vorgang nannte man „Rösten“ oder „Röten“. Nach etwa zwei Wochen wurde der Flachs wieder hervorgeholt, getrocknet und kam dann auf die Breche oder „Brake“. Hier wurden die harten Pflanzenteile herausgebrochen und die Fasern weichgeschlagen. Zum Auskämmen der kurzen und gleichmäßigen Ausrichtung der langen Fasern diente schließlich das Hecheln. Das Hechelbrett bestand meist aus einer Abzugs- oder Grobhechel und einer Feinhechel und war auf einem Hechelgestell angebracht - so ließ sich im Sitzen arbeiten. Nach dem Hecheln war das Flachsbündel spinnfertig.

Das Hecheln gehörte zu den eher eintönigen und langwierigen Arbeiten. Man vertrieb sich die Arbeitszeit in der Gruppe daher gerne damit, „herumzuflachsen“, einen „Flachs zu machen“ oder jemanden oder etwas „durchzuhecheln“. Das Arbeitsgerät, die Hechel, war oft mit Schnitzereien oder aufwändiger Brandmalerei und Inschriften verziert – vielleicht war auch hier der Hintergrund, dem mühsamen Geschäft im wahrsten Sinne etwas Farbe zu verleihen. Die hier vorgestellte Hechel aus der Sammlung des Heimatvereins Meppen ist vergleichsweise schlicht gestaltet. Sie weist die Jahreszahl „1861“ und die Initialen „M“, „C“ (?) und „S“ auf, neben den Schriftzeichen befinden sich kleine punktartige Verzierungen. Sie erzählt nicht nur ein Stück regionale Wirtschaftsgeschichte, sondern gibt auch Einblick in die auch in Meppen im 19. Jahrhundert in Ackerbürgerhaushalten geübte heimgewerbliche Tätigkeit der Leinwandbereitung. Das Gerät befindet sich im Schaudepot des Stadtmuseums in der ehemaligen Arenbergischen Rentei.