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Sittenwidrige Schenkung bei Willensschwäche

(nr) Der 1928 geborene Thomas lernte im Jahre 2016 die rund 53 Jahre jüngere Susanne kennen. In der Folgezeit kümmerte sich Susanne um die Verwaltung der Mietshäuser von Thomas. Sie wohnte auch kostenfrei in einer der Immobilie. Im Jahr 2018 erkrankte Thomas. In der Folgezeit erteilte Thomas eine Vorsorgevollmacht und setzte Susanne als Vorsorgebevollmächtigte ein. Diese Vollmacht widerrief er sodann durch Unterzeichnung eines Formulars, das eine seiner Töchter zur Verfügung stellte. Mitte 2018 beurkundete Thomas eine notarielle Erklärung, in der er die Annahme von Susanne als Kind beantragte. Er erteilte zudem eine weitere umfassende Vollmacht. In einem notariellen Vertrag vom 30.8.2018 übertrug er an Susanne im Wege der vorweggenommenen Erbfolge unter Anrechnung auf etwaige Pflichtteilsansprüche zwei Grundstücke. Im Anschluss bereute Thomas das Vorgehen und widerrief mit Schreiben vom 6.11.2018 alle abgegebenen Willenserklärungen. Mit Erfolg?

Ja!

Ein Rechtsgeschäft ist sittenwidrig, wenn es nach seinem Inhalt oder Gesamtcharakter gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Wenn die gesundheitlichen Beeinträchtigungen von Thomas oder sonstige Umstände des Krankenhausaufenthalts zu einem Zustand der Willensschwäche oder der leichten Beeinflussbarkeit geführt haben, kann dies auch dann die Nichtigkeit des Vertrags begründen, wenn die freie Willensbildung nicht vollständig ausgeschlossen war.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH trifft die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der Frage, ob eine Person bei Abgabe einer Willenserklärung (vorübergehend) geschäftsunfähig war, diejenige Partei, die sich auf die Geschäftsunfähigkeit beruft. Auf die Wahrscheinlichkeit des Vortrags kommt es nicht an. Ebenso wie im Zusammenhang mit der Frage der Prozessunfähigkeit genügt jedenfalls der Vortrag konkreter Anhaltspunkte, aufgrund derer die Möglichkeit der Geschäftsunfähigkeit nicht von der Hand zu weisen ist.

Diesen Anforderungen wurde das von Thomas vorgelegte Attest seines Arztes, nach dessen Einschätzung eine deutliche kognitive Beeinträchtigung und erhebliche Einschränkungen der Geschäftsfähigkeit vorgelegen haben, ergänzend zu den Anträgen auf Einholung eines Sachverständigengutachtens sowie Vernehmung der ihn behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen, gerecht.