Andenkenporzellan mit Darstellung des Kriegerdenkmals von 1923

Museen sind Schatzkammern: sie sammeln und bewahren Gegenstände aus vergangenen Zeiten, erforschen deren Geschichte(n) und bringen sie zum Sprechen. Dabei sind es nicht selten die auf den ersten Blick unscheinbaren Dinge, die Spannendes zur lokalen Historie zu berichten haben. In der Reihe „Objekt des Monats“ werden im Stadtmagazin DER MEPPENER regelmäßig herausragende Exponate und Sammlungsstücke aus dem Bestand des Stadtmuseums vorgestellt.

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(bs) In den frühen 1920er Jahren beschäftigte man sich vielerorts mit der Errichtung von Krieger- und Gefallenendenkmälern zur Erinnerung an die deutschen Opfer des Ersten Weltkriegs. Oft mischten sich in die Erinnerungsarbeit das politische Bewusstsein einer im Frieden von Versailles „gedemütigten“ Nation – und der Wunsch nach „alter Größe“. Auch Kriegsverherrlichung und das Herausstellen deutschen Heldenmuts wurden – vor allem von Kriegervereinen – vereinzelt intendiert. Demgegenüber standen klare Bekenntnisse zum Frieden oder sogar zum Pazifismus. Die politischen Intentionen derer, die sich in den Ortschaften für die Schaffung eines Denkmals einsetzten, bestimmten auch den Stil, die Gestaltung und die Bildsprache der Denkmäler.

Die Umstände der Entstehung des Meppener Kriegerdenkmals vor 100 Jahren beschreibt Heinz Kleene in seinem Buch „Über Mannsbilder und Kameraden. Zum Kriegervereinswesen im Emsland zur Zeit der Weimarer Republik“. Im Juli 1920 regte der Leiter des „Kruppschen Schießplatzes“, Georg Wesener, in einem Schreiben an die städtischen Körperschaften an, für die im Ersten Weltkrieg gefallenen Meppener Bürgersöhne ein Denkmal zu errichten. Es wurde ein Ausschuss gebildet, der die Umsetzung realisieren sollte. Ein Grundstück war schnell gefunden: Die Firma Krupp trat kostenlos ein bis dahin als Garten genutztes Grundstück in der Bahnhofstraße, nahe der dort für die Gefallenen des Deutsch-Französischen Krieges 1870/71 gepflanzten Eiche, ab. Ab Herbst 1920 bestand die hauptsächliche Tätigkeit des Ausschusses darin, die für die Errichtung benötigten Finanzmittel zusammenzubringen. Im Rahmen von u. a. Theateraufführungen und Konzerten fanden Sammlungen statt. Die Firma Krupp, Herzog Engelbert-Maria von Arenberg sowie die Witwe des im Januar 1920 verstorbenen Wilhelm Anton Riedemann stockten die Einlage auf. Im April 1922 waren auf diese Weise etwas über 39.000 Mark zusammengekommen. Bereits ein Jahr zuvor hatte man geeignete Bildhauer um Kostenschätzungen und Skizzen gebeten. Die Wahl war auf den Entwurf „Altar“ des aus Jägerhaus bei Telgte stammenden Künstlers Heinrich Stadtmann gefallen, der einen altarförmigen Aufbau mit Steinfiguren und Stahltafeln vorsah.

Nachdem der Stadtmagistrat weitere Mittel zugeschossen hatte, wurden die Fertigung und Aufstellung für das Frühjahr 1923 ins Auge gefasst. Die feierliche Einweihung fand schließlich im September 1923 statt.

Die Veranstaltung geriet zu einem Großereignis: unzählige Menschen fanden sich ein. An fast alle Schulen und Behörden waren Einladungen ergangen; angeblich war die Meppener Einwohnerschaft „fast vollzählig anwesend“. Das Bild dominierten die Fahnenabordnungen und Deputationen von Vereinen, die im Zuge des Festaktes auch Kränze am Ehrenmal niederlegten. Die Feierlichkeiten zur Einweihung trugen klar nationalistische und chauvinistische Züge, das Denkmal selbst war ähnlich konnotiert aber subtiler gestaltet: Auf vier Stahlplatten waren die Namen der 147 Gefallenen aus der Stadt Meppen eingeprägt. Darunter hatte Heinrich Stadtmann ein Eisernes Kreuz und den Spruch „Den gefallenen Helden unserer Stadt“ modelliert. Die Tafeln waren rechts und links von zwei menschlichen Figuren gerahmt, die knieend trauerten: auf der linken Seite ein Landwehrmann, der augenscheinlich seiner gefallenen Kameraden gedenkt; auf der rechten Seite die ebenfalls trauernde Mutter oder Frau eines gefallenen Soldaten. Das Kriegerdenkmal wurde im Zusammenhang mit dem Bau des damals neuen Kreishauses („Höger-Haus“) 1935 abgerissen und zwei Jahre später durch ein vom Architekten Fritz Höger gestaltetes neues Gebilde an der Schülerwiese ersetzt, welches unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg wohl auch im Zuge der alliierten „Re-Education“ geschleift wurde. Während das Höger-Denkmal keine Spur hinterließ, haben sich Überreste des alten Erinnerungsortes in der Bahnhofstraße erhalten: Die beiden Steinfiguren gelangten auf Umwegen auf den Meppener Friedhof, wo sie heute noch stehen.

Anlässlich der Einweihung des Kriegerdenkmals an der Bahnhofstraße im September 1923 und in den Jahren darauf waren Memorabilien und Souvenirs zu haben – auch Postkarten, die das Denkmal zeigten, wurden aufgelegt. In der Reihe der Sehenswürdigkeiten und touristischen Ziele nahm das Denkmal bis Anfang der 1930er Jahre einen festen Platz ein. Das hier vorgestellte Andenkenporzellan, eine Kaffeetasse mit Untertasse, auf der der das Denkmal dargestellt ist, wird wohl im Zuge der Einweihung entstanden sein. Es stellt zusammen mit der fotografischen Überlieferung eine der wenigen Bildquellen zum nicht mehr existierenden Gedenkort dar – und ist ein Dokument der auch in Meppen politisch bewegten und umkämpften Zeiten in den frühen 1920er Jahren. Das Stück ist im Schaumagazin des Stadtmuseums in der ehemaligen Arenbergischen Rentei ausgestellt.